Was Shop-Betreiber von Amazon lernen können

Amazon dominiert den deutschen Online-Handel. Doch warum eigentlich? Was macht den US-Giganten so erfolgreich? Dieser Frage auf den Grund zu gehen, ist der Schlüssel für Online-Händler, von Amazon lernen und die Erkenntnisse für den eigenen Betrieb nutzen zu können.

Wenn man sich die Erfolgsbilanz von Amazon in Deutschland anschaut, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. So zählte Amazon.de im Oktober 2014 laut Statista-Studie 24,8 Mio. Besucher und war damit der Online-Shop, beziehungsweise Online-Marktplatz, mit der höchsten Besucher-Frequenz. Um zu verdeutlichen, wie sehr Amazon den deutschen E-Commerce-Markt dominiert, lohnt sich ein Blick auf die folgenden Plätze des Rankings. Amazon hat mehr Besucher verzeichnet als Otto, Tchibo, Zalando, Lidl, Media Markt und Conrad zusammen. Und diese Anbieter sind in der Liste der meistbesuchten Shops in Deutschland auf den Plätzen 3 bis 8 angesiedelt! Lediglich eBay kann mit den Amazon-Zahlen mithalten. So verzeichnete das Auktionshaus im Oktober 2014 21 Mio. Besucher.

Ein Ende der Erfolgsstory von Amazon ist nicht abzusehen. So lief auch das vergangene Weihnachtsgeschäft des E-Commerce-Giganten trotz Verdi-Streik nach eigenen Angaben so gut wie nie zuvor. In der Woche vor Weihnachten 2014 verbuchte Amazon 20 Prozent mehr Bestellungen als im Vorjahr.

Amazons Image als vermeintlicher Preisführer

Die beeindruckenden Zahlen sollten für Online-Händler jedoch kein Grund sein, sich ehrfürchtig vor Amazon zu verneigen. Stattdessen gilt es, dem Erfolgsrezept des US-Giganten auf die Spur zu kommen und die Erkenntnisse für den eigenen Geschäftserfolg zu nutzen. Warum also ist Amazon so erfolgreich und verzeichnet kontinuierlich deutliche Umsatzsteigerungen, während viele andere Händler nur ein moderates Wachstum erreichen?

Analyse_Sortimentsabdeckung_und_BestpreiseAmazon wird von den Wettbewerbern häufig eine aggressive Preispolitik unterstellt. Auch bei den Kunden hat sich Amazon das Image als sehr günstiger Online-Anbieter erarbeitet. Doch stimmt dieses Image auch mit der Wirklichkeit überein? Die Antwort auf diese Frage liefert eine Erhebung von Metoda (ehemals PreisAnalytics). Der Preis-Monitoring-Anbieter für Online-Shops hat die Preise von 3.500 Top-Sellern im Internet analysiert und dokumentiert, welche Shops welche Produkte im Sortiment haben und wer sie zu den günstigsten Preisen verkauft. Das Ergebnis: Bei 89 Prozent der untersuchten Produkte war nicht bei Amazon der Bestpreis zu finden, sondern bei einem anderen Online-Händler!

Schaut man sich die Zahlen, die von Preisanalytics ermittelt wurden, genauer an, fällt auf, dass Amazon bei dieser Auswertung sogar noch in erheblichem Maße von seinen Marketplace-Händlern profitiert. So hat Amazon selbst nämlich nur bei 4 Prozent der überprüften Produkte das günstigste Angebot gestellt. Bei 7 von 100 Produkten konnten die Kunden bei einem Amazon-Marketplace-Händler zum günstigsten Preis kaufen.

Dass Amazon seine Wettbewerber mit einer aggressiven Preispolitik permanent unterbietet, ist also nicht das Erfolgsgeheimnis des amerikanischen Online-Händlers. Zwar konnte kein anderer Online-Shop häufiger den Bestpreis stellen als Amazon, doch Kunden könnten beim Online-Shopping fast immer kräftig sparen, wenn sie einen Preisvergleich durchführen und nicht bei Amazon bestellen. Warum bestellen dann viele Kunden trotzdem bei Amazon?

Die beste Sortimentsabdeckung auf dem Markt

Während Amazon in punkto Bestpreis keineswegs den Wettbewerb übertrumpft, sieht es in einer weiteren wichtigen Disziplin ganz anders aus: in der Sortimentsabdeckung. 74 Prozent der von Preisanalytics abgefragten Produkte konnten Kunden nämlich über Amazon bestellen. Nur Hitmeister mit 61 Prozent konnte bei der Sortimentsabdeckung einigermaßen mithalten. Auch hier lohnt es sich jedoch, die Zahlen im Detail zu betrachten. Amazon selbst als direkter Anbieter erreichte nämlich „nur“ eine Abdeckung von 57 Prozent. Die 74 Prozent machten die Amazon-Marketplace-Händler möglich. Da viele Kunden jedoch nicht zwischen Amazon und Amazon Marketplace unterscheiden, bleibt bei ihnen vor allem eines haften: Bei Amazon bekommt man fast alles!

„Entscheidender als die Preisführerschaft alleine scheint für den Erfolg im Markt also zu sein, möglichst alle Top-Seller in jeder Produktkategorie gelistet zu haben, wie bereits dargelegt wurde. Dass diese positive Außenwahrnehmung nur dank der Sortimente der angebundenen Marketplace-Händler gelingt, ist dabei zweitrangig“, kommentiert Stefan Bures, Gründer und Geschäftsführer von Preisanalytics das Ergebnis.

Kunden im Amazon-Universum halten

Amazons Erfolg ist zu einem großen Teil dadurch begründet, dass es das Unternehmen geschafft hat, dass viele Kunden nicht Google oder eine Preissuchmaschine nutzen, um nach dem Anbieter für ein bestimmtes Modell oder eine Produktgattung zu suchen. Stattdessen suchen sie direkt bei Amazon – und werden fast immer auch fündig. Aufgrund eines schnellen und zuverlässigen Versands, der Tatsache, dass fast alle Online-Shopper ein Amazon-Kundenkonto bereits angelegt haben und eine Bestellung somit mit einem Klick erledigt ist, machen sich viele nicht die Mühe, nach alternativen Anbietern zu diesem Produkt zu suchen. Der E-Commerce-Gigant schafft es, viele Kunden im Amazon-Universum zu halten und sich so vom Preisdruck der Wettbewerber zu lösen.

Erreicht werden kann dieses Ziel nur durch eine permanente Verfügbarkeit aller wichtigen Top-Seller. „Die Lagermengenplanung ist dabei nicht nur von der aktuellen Nachfrage abhängig, sondern insbesondere auch vom zukünftigen Nachfragetrend. Wichtig hierbei ist, ob sich die Nachfrage grundlegend verändern, also stark steigen oder fallen wird.“, erklärt Bures. Amazon muss also nicht

nur wissen, welche Produkte aktuell in welcher Menge gefragt sind, sondern auch, wie sich die Nachfragesituation in der Zukunft darstellt. Folglich ist die Sortiments- und Lagermengenplanung für den Erfolg von Amazon maßgeblich mitverantwortlich.

Online-Händler können dieses Erfolgsrezept auch im eigenen Betrieb einsetzen, indem sie Markttrends analysieren und das eigene Sortiment dementsprechend permanent anpassen. Vor allem die Top-Seller sollten sie stets verfügbar halten und zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten. Um erfolgreich zu sein, müssen Online-Shops zwar nicht jedes Produkt einer Kategorie verfügbar haben, die wichtigsten aber immer!

Was Shop-Betreiber von Amazon noch lernen können, ist zu lesen im Artikel „Auf Amazons Spuren“ von Stefan Bures. In dem Artikel finden Online-Händler unter anderem die Auswertung eines aktuellen Preisvergleichs vom November 2014. Zu finden ist der Beitrag in der vierten Ausgabe des kostenlosen Online-Magazins shopanbieter to go. Weitere Schwerpunkt-Themen dieser Ausgabe des Magazins für Online-Händler und E-Commerce-Entscheider sind unter anderem die Trends Content-Commerce und Storytelling.